Freitag, 15. Juli 2011

Was wäre Peter Bierl ohne Anthroposophie ?

Peter Bierl hat der Anthroposophie viel zu verdanken. Ohne die zum Teil recht naiven Gegner der Anthroposophie hätte er es nämlich nicht so weit gebracht. Wer würde sich sonst für einen verbissenen Ökolinken interessieren, der alle - außer sich und vielleicht noch seine Mentorin Jutta Dittfurth - für Faschisten hält ? Wenn überhaupt, ist Peter Bierl nur durch seine Anthroposophie-Kritik bekannt geworden.

Wer Angst vor der Anthroposophie hat, aber Rudolf Steiner nicht selber lesen will, ist doch dankbar, Peter Bierl zitieren zu können ohne selber nachschauen zu müssen. Die Ansteckungsgefahr ist doch zu groß. So groß, dass auch Peter Bierl selber ganz sicher kein einziges Buch von Rudolf Steiner gelesen hat.

Egal, man beruft sich auf Peter Bierl, um der Anthroposophie Rassismus unterstellen zu können, ohne den Sachverhalt selber nachprüfen zu müssen. Damit hat die eigene Weltanschauung schon bessere Karten.

Dass die Rechnung nicht immer aufgeht, haben die Freunde vom humanistischen Pressedienst am eigenen Leib erfahren müssen. Dort wurde ein Artikel von Anna Ignatius zum Berliner Aktionstag "Anthroposophie erleben" aufgenommen. Interessanterweise wurde der Artikel am 27.06.2011 um 10:38 Uhr aufgenommen, also noch bevor die eigentliche Veranstaltung angefangen hatte. Es waren noch nicht einmal alle Stände aufgebaut. So eilig hatte es Anna Ignatius wieder wegzukommen! In ihrem Artikel wird anhand von lauter Bierl-Thesen vor der Gefahr gewarnt, die Anthroposophie selber zu erleben. Selber beigesteuert hat die Autorin nicht einmal die Fotos. Dafür sind diese Fotos auch das Beste am Artikel.

Nicht ganz mitgekriegt scheint die Autorin Anna Ignatius, dass sich Peter Bierl inzwischen auch an den Humanisten vergangen hat - mit denselben Methoden, die für seine Anthroposophie-Kritik kennzeichnend sind. So kommt der Kollege von Anna Ignatius, Gunnar Schedel beim selben humanistischen Pressedienst in seiner Replik auf Peter Bierl mit dem Titel "Verleumdung als Methode" zu dem Schluss :

"Diese Liste fragwürdiger Einschätzungen, offensichtlich bewusst verdrehter Darstellung, manipulativ wiedergegebener Zitate und selbst falscher Tatsachenbehauptungen ließe sich fortsetzen und um weitere Punkte ergänzen. Insbesondere mit der differenzierten Darstellung von Personen und Organisationen hat Bierl seine Schwierigkeiten [...] Bierl hat viele Artikel in einer Regionalausgabe einer großen süddeutschen Tageszeitung veröffentlicht; er müsste wissen, welche journalistischen Standards unabdingbar sind. Viel wahrscheinlicher ist es, dass der Mann ganz genau weiß, was er tut und seine Verleumdungen als rhetorische Strategie einsetzt, nach dem Motto "Irgendwas wird schon hängenbleiben"."

Nichts ersetzt in dieser Welt das Suchen nach einem eigenen Urteil. Wer irgendjemanden, auch Peter Bierl, zur Bibel erhebt, kann sich ganz schön blamieren und dem Vorurteil statt der Wahrheit dienen.

Von Peter Bierl gibt es immerhin einen netten Spruch, der sinngemäß heißt : "Wer Rudolf Steiner liest, hat Schmerzensgeld verdient". Nach über 25 Jahren intensiver Beschäftigung mit Rudolf Steiner stimme ich zu, dass viele der Einsichten, die ich daraus gewonnen habe, recht schmerzhaft sind. Wie etwa die Einsicht, dass es nicht möglich ist, wirksam gegen den Rassismus zu kämpfen, ohne selber in den Augen mancher seiner Mitmenschen als einen Rassisten zu erscheinen. Solche Einsicht sucht man bei Peter Bierl vergebens.

Ich werde daher den Verdacht nicht los, dass Peter Bierl sozusagen Versicherungsbetrug übt, wenn er nach Schmerzensgeld für seine angebliche Steiner-Lektüre verlangt - und auch noch bekommt. Die Anthroposophie ist nämlich für Peter Bierl vor allem eins gewesen : ein einträgliches Geschäft. Dass man als Ökolinker kaum sein Brot verdienen kann, werden nun andere schmerzhaft erleben müssen.

Sylvain Coiplet



Weiterführende Quellen:

Peter Bierl - Verleumdung als Methode (humanistischer Pressedienst, 2011)
Eine recht gute Analyse des Schreibstils von Peter Bierl.

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